26 August 2011

Inzest-Drama in OÖ: U-Haft über Verdächtigen verhängt

Der heute 80-Jährige soll 41 Jahre lang seine Töchter missbraucht haben.


Ein neuer Fall „Fritzl“ schockiert Österreich. In Oberösterreich wurde gestern ein 80-Jähriger festgenommen, der seine Töchter jahrzehntelang als Sex­sklavinnen gehalten haben soll. Heute wurde die U-Haft über den Verdächtigen verhängt. Sie ist vorerst bis 9. September wirksam, teilte das zuständige Landesgericht Ried im Innkreis am Nachmittag mit. Der Beschuldigte hat keine Beschwerde erhoben. Im Gegenteil: Er streitet alles ab.

Der Tatort: Ein Bauernhof in St. Peter am Hart, einer Gemeinde im Bezirk Braunau (OÖ). Der Verdächtige: Gottfried W., mittlerweile 80 Jahre alt. Er soll seine Töchter Erika (45) und Christine (53) 41 (!) Jahre als Sexsklavinnen gehalten haben.
Das Grauen begann, als die Opfer noch Kinder waren. Seit damals wurden sie immer wieder missbraucht, es gab Todesdrohungen, „solltet ihr jemandem etwas anvertrauen“. Als könnte es nicht noch schlimmer kommen: Die beiden Frauen sind geistig leicht zurückgeblieben, waren also noch leichtere Opfer für den Vater. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

Besonders schockierend ist auch die Rolle der Mutter Beate W. Sie dürfte bis zu ihrem Tod im Jahr 2008 selbst ein Sex-Opfer gewesen sein, aber auch genau gewusst haben, was mit ihren Kindern passierte. In der Anzeige schilderten die Frauen, dass sie am Sterbebett der Mutter noch „schwören mussten, nichts zu sagen“.
Die Frauen wurden gehalten wie Sklaven. Sie mussten in ganz schmalen Betten schlafen, ihr Raum ist zugemüllt, schmutzig, feucht.
Das Drama kam nur durch Zufall ans Tageslicht. „Im Mai, als der Vater sich wieder einer seiner Töchter näherte und sie vergewaltigen wollte, stieß diese ihn zu Boden. Dabei verletzte er sich, doch die beiden Frauen ließen ihn zwei Tage liegen, ehe eine Pflegerin Nachschau hielt und so der ganze Fall aufgerollt wurde“, so ein Ermittler zu ÖSTERREICH.

Niemand schöpfte Verdacht

Sofort wurde gegen Gottfried W. ermittelt – er kam in ein Pflegeheim –, doch das Einzige, was die Bezirkshauptmannschaft machte, war, dass man dem Mann seine Waffen abnahm. Georg Wojak, Bezirkshauptmann: „Wir haben mit der Familie nie etwas zu tun gehabt, denn die Kinder waren eheliche, und in so einem Fall ist die Behörde nicht befasst“.
Gottfried W. galt als ruhig und eigenbrötlerisch, „nur beim Eisstockschießen war er manchmal auffällig“, so ein Nachbar.
Die beiden Frauen sind nun in psychologischer Betreuung, ihr Vater wurde am Donnerstag festgenommen.


Bezirkshauptmann: "Familie war 
ganz unauffällig"

ÖSTERREICH: Wie kann es sein, dass der Behörde diese Familie mit zwei erwachsenen, behinderten Frauen, die immer noch zu Hause wohnen, nie aufgefallen ist?
Georg Wojak: Die beiden Kinder waren ehelich, also ist die Bezirkshauptmannschaft damit einmal nicht befasst. Wir kennen den Fall erst seit Mai, und da hat die Behörde sofort reagiert.

ÖSTERREICH: Wie denn?
Wojak: Der Verdächtige war im Besitz von zwei Waffen, und aufgrund der offenbar mehrfachen Bedrohungen seiner Töchter wurden ihm diese Waffen sofort abgenommen.

ÖSTERREICH: Aber die Frauen waren doch besachwaltet seit dem Tod ihrer Mutter. Ist hier niemandem etwas aufgefallen?
Wojak: Das war Aufgabe des Gerichtes, der Justiz. Aber ich weiß, dass es damals ein Gespräch mit einem Psychologen gab und einem Richter. Doch wenn Vorwürfe nicht artikuliert werden, wie soll man sie dann erkennen?

ÖSTERREICH: Wie geht es den beiden Opfern jetzt?
Wojak: Wir haben geschulte Sozialarbeiterinnen und haben den Frauen eine Unterkunft besorgt, wo es ihnen gut geht. Es wird alles zu ihrem Wohle getan.


(Quelle: TZ Österreich/Autoren: D. Pröll, B. Haas)