05 August 2011

Also doch! Auf dem Roten Planeten fliesst Wasser

Berner Forschungsteam um Nicolas Thomas entdeckt, was Wissenschaftler seit Jahrzehnten suchen.


Physik-Professor Nicolas Thomas (50) von der Universität Bern spricht von einem «Durchbruch»: In einer neuen Studie liefert er deutliche Hinweise darauf, dass es auf dem Mars fliessendes Wasser gibt.

«Dabei war ich immer sehr skeptisch, was Nachweise von flüssigem Wasser auf dem Mars anbelangt», sagt Thomas. «Aber das sind die bisher vielversprechendsten Hinweise dafür. Wenn der Beweis komplett erbracht wäre, würden wir Wissenschaftler schon längst über alle Brücken tanzen. Immerhin, die neuen Fakten reichen so weit, dass jeder von uns ein bisschen vor sich hintanzt.»

Thomas ist einer der Autoren einer Studie, welche die US-Raumfahrtbehörde Nasa gestern Abend vorstellte. Er leitet ein vierköpfiges Team an der Weltraumforschungs-Abteilung der Uni Bern – die ein­zige europäische Mannschaft, die mitgeforscht hatte.

Ihre Aufgabe: Auswertung der Daten, die eine Spezial­kamera der Nasa-Sonde Mars Reconnaissance Orbiter zurück an die Erde schickt. Das Team um Thomas hat dafür ein Verfahren entwickelt, mit dem man untersuchen kann, wie Licht von einer Mars-ähnlichen Oberfläche reflektiert wird. «Auf diesen Bildern sieht man eindeutig Fliessspuren», sagt Nicolas Thomas.

«Wir haben 17 Stellen auf der Südhalbkugel mit jeweils bis zu tausend solcher Spuren gefunden. Das sind ganze Nester. Die Fliessspuren tauchen auf, wenn die Temperaturen steigen. Wenn es kalt wird, verschwinden sie wieder.»

Es ist das erste Mal überhaupt, dass solche Spuren festgehalten wurden. Sie sind bis zu fünf Meter breit. Die Forscher gehen davon aus, dass sie Salzwasser führen. Die Flüsse tauen nämlich auch bei Minustemperaturen auf. Und Salz senkt den Gefrierpunkt.

Man wusste schon länger, dass auf dem Mars gefrorenes und verdampftes Wasser existiert. Hinweise auf flüssiges Wasser fehlten. «Dass hier wirklich Wasser fliesst, können wir noch nicht beweisen. Aber es ist die mit Abstand wahrscheinlichste Erklärung.»

Professor Thomas denkt schon an nächste Schritte: «Eine weitere Raumsonde mit einem Spektroskop könnte die Frage klären. Oder ein Mars-Rover, der zu diesen Stellen fährt. Wir wissen ja jetzt, wo die sind.» Die Nasa denke da­rüber nach. «Das Problem ist aber, dass die Fliessspuren an Hängen mit bis zu 40 Prozent Steigung auftauchen.» Ferngesteuerte Mars-Fahrzeuge kommen da kaum hinauf.

Wäre flüssiges Wasser auch endlich ein Hinweis auf Leben auf dem Mars? «Ich bin ein sehr skeptischer Mensch, da­ran glaube ich nicht», sagt Weltraumforscher Thomas und fügt sogleich hinzu: «Aber wir Wissenschaftler irren ja alle hin und wieder.»


(Quelle: blick.ch)