17 Juli 2011

Indonesien: Reptilienjagd für teures Leder

Mit dicken Bambus-Stämmen sind sie bewaffnet....
Herman und seine Freunde.











Die Männer streifen durch den Dschungel von Java, auf der Jagd
nach kostbarer Beute: Bindewarane – etwa ein Meter lange Reptilien:
Hier am Fluss in der schwer zugänglichen Uferböschung haben die Tiere ihre
Höhlen gebaut. Jetzt wollen die Jäger sie aufscheuchen aus ihrem
Unterschlupf.

„Wir versuchen die Tiere einzukreisen und dann in den Fluss zu treiben. Hier können wir sie einfacher fangen. – Manche versuchen, sich unter Wasser zu verstecken. Wir warten dann bis sie hochkommen zum Luft schnappen.“

Die Jäger sind nicht allein: Vor Publikum gelingt ihnen der erste Fang des Tages. Die Echse wird nicht gleich getötet – sondern erst einmal zusammengeschnürt. Möglichst bis zur Schlachtung sollen die Tiere überleben. So bleibt das Leder glänzend und geschmeidig. Der Weg ins Schlachthaus aber dauert manchmal mehrere Tage.

„Wie lang die Tiere so bleiben – das hängt davon ab, wie viele ich fange. Wenn ich nur ein oder zwei Echsen kriege, dann lohnt es sich nicht, gleich zum Schlachthaus zu fahren. Dann warte ich lieber bis ich noch ein paar mehr zusammen habe.“

Noch ein Bindewaran gerät in die Fänge der Jäger. Dabei wird es immer schwieriger, die Echsen zu finden. Die zügellose Jagd hat die Population rapide schrumpfen lassen. Indonesien ist einer der Hauptlieferanten von Reptilienleder weltweit. Das Land exportiert etwa 400.000 Warane jährlich. Beinahe alle Tiere werden in freier Natur gefangen.
Mit zwei Tieren verlassen die Männer den Dschungel. Ende der Echsen-Jagd! Die lebendige Fracht – sie ist bestimmt für Reptilienhändler wie Hassan Budiman. Die Firma hat gerade eine neue Groß-Lieferung erhalten: 200 Warane – verpackt in Plastiksäcken. Auch diese Tiere wurden wild gefangen. Budiman zahlt bis zu 3 Euro pro Exemplar – je nach Qualität der Haut. Einige der Echsen sind verendet während des Transportes. Die Tiere haben eine tagelange Reise hinter sich. Trotzdem: Hassan Budiman ist zufrieden mit der Lieferung.

Am nächsten Tag beginnt die Schlachtung. Mit einem Schlag auf den
Kopf werden die Warane betäubt, aber nicht getötet. Der Todeskampf der Tiere – quälend lang. Manchen wird die Haut bei lebendigem Leib abgezogen. Tierschützer sind erschüttert.

Irma Hernawati Tierschutz-Organisation Pro Fauna

„Wir haben in Indonesien klare Regeln: kein Tier darf gequält werden. Es soll keine
übermäßigen Schmerzen und keinen unnötigen Stress haben – also ein Tod in
Würde. Aber bei diesen Schlachtungen wird das alles missachtet.“

Neue Ware aus dem Wald: Herman und seine Freunde haben eine zwei
Meter lange Netz-Python gefangen. Die Jagd der Tiere wird über Fangquoten
geregelt – oft willkürlich festgelegt. In Indonesien dürfen so jedes Jahr
157.000 Pythons gefangen werden. Hier bei Udin, einer kleinen
Schlachterei, soll das Tier gehäutet werden. Ein Haken an der Decke: Daran
wird die Python aufgehängt. Sie wird – bei lebendigem Leib – mit Wasser
gefüllt. - eine Standardprozedur. So dehnt sich die Haut und lässt sich
besser aufschneiden. Auch jetzt lebt die Schlange noch. Der Todeskampf
dauert Stunden.

„Schlangen sterben niemals schnell. Wenn wir z.B. einen Waran schlachten, ist das Tier ziemlich bald tot. Aber Schlangen – selbst wenn der Kopf schon hinüber ist, kann der Körper noch leben. Ich habe schon Schlangen gesehen, die haben sich nach drei Tagen noch bewegt.“

Für die Haut dieser Python bekommt Udin etwa drei Euro. Das Leder
der Schlange ist besonders begehrt bei den europäischen Mode-Labels. Für
Handtaschen, Schuhe, Gürtel. Viele Hersteller geben an, die Häute nur aus
Zuchtfarmen zu beziehen. In Indonesien aber, dem größten Lieferanten,
gibt es keine Zuchten. Die Pythons werden ausschließlich in der Natur
gefangen. Diese Schlangen haben die grausame Prozedur noch vor sich:
Massenschlachtung bei Budiman, dem Reptilienhändler. Auch hier werden die
Schlangen zuerst mit Wasser aufgepumpt und dann lebendig gehäutet. Diese
Python war trächtig.

Budiman liefert auch nach Europa, über einen Großhändler auf Sumatra. Qualitätskontrolle bei Alian Ruswan in der Stadt Medan. Pythons stehen unter dem Schutz des Washingtoner Artenschutzabkommens. Für den Handel mit den Häuten gelten bestimmte Exportbeschränkungen. Viele Händler hier umgehen die Regelung einfach.

Alian Ruswan Lederhändler
„In der Branche läuft das so. Die Exportquote ist erschöpft, aber du hast noch Häute übrig: Dann wird die überschüssige Ware vielleicht nach Malaysia geschmuggelt und von dort dann auf dem Weltmarkt verkauft.“

Herman, der Reptilienjäger und seine Freunde sind wieder unterwegs – im Dschungel von Java. Auf der Jagd nach Reptilien, nach Echsen und Schlangen.

„Manchmal tun mir die Tiere schon leid. Einmal ganz besonders, als unsere Hunde, ein junges und seine Mutter, tot gebissen haben. Aber dann denke ich wieder an mich selbst: Wenn ich nicht jagen gehe, kann ich nicht überleben.“

So sind sie unterwegs. Für den Familien-Unterhalt und: für die Kunden in Europa. Für Menschen, die den Anblick schöner Schlangenhaut lieben, von dem Leid der Tiere aber nichts wissen.

(Quelle: daserste.de)