Faktisch gilt in Vorarlberg ein Prostitutionsverbot. Das Vorarlberger Sittenpolizeigesetz würde zwar prinzipiell die „gewerbsmäßige Unzucht“ in Bordellen erlauben. Bis jetzt wurde aber noch kein Bordell genehmigt. Denn das ist Gemeindesache, und kein Bürgermeister wollte sich daran die Finger verbrennen. Offener als hierzulande gehen indes die Schweizer Nachbarn im Kanton St. Gallen mit der käuflichen Liebe um. Dort ist Prostitution legal – die Nachfrage aus Vorarlberg dementsprechend groß. „Das Prostitutionsverbot in Vorarlberg hat tatsächlich eine gewisse Ansammlung von Salons, Etablissements und Bordellen im St. Galler Rheintal zur Folge. Vielfach sind auch österreichische Frauen als Grenzgängerinnen in diesen Betrieben angestellt“, sagt Hanspeter Krüsi von der St. Galler Kantonspolizei. In etwa 120 Lokalen werden sexuelle Dienste angeboten.
Mehr Privatangebote
Ein Anstieg konnte diesbezüglich in den vergangenen Jahren zwar nicht festgestellt werden. „Zugenommen haben jedoch Angebote von Frauen, die zu Hause arbeiten“, beobachtet Susanne Gresser von „Maria Magdalena“, einer Beratungsstelle im Kanton St. Gallen für Frauen im Sexgewerbe. Mit 20 Prostituierten aus Vorarlberg steht Gresser regelmäßig in Kontakt. Auch wenn in Vorarlberg offiziell keine Liebesdienste angeboten werden dürfen, eine Hintertür gibt es allemal: Der Straßenstrich hat sich mittlerweile in Privatwohnungen verlagert. Über Zeitungsinserate oder Internet werden die Dienste feilgeboten. Oder in Etablissements getarnt als Tabledance- Lokal, Massagesalon oder Sauna. Erst Mitte Mai hat das Landeskriminalamt (LKA) Vorarlberg zwei mutmaßlichen Zuhälterinnen in Dornbirn das Handwerk gelegt. In zwei unscheinbaren Zwei- Zimmer- Wohnungen sollen bis zu 40 Prostituierte aus Osteuropa Sexdienste angeboten haben. Anlass für die Vorarlberger Grünen, einmal mehr „ein zeitgemäßes Gesetz“ zu fordern, das Sexualdienstleistungen legalisiert und gesundheits- und gewaltpräventive sowie arbeitsrechtliche Maßnahmen vorsieht. Zwischen 75 und 100 Geheimbordelle soll es Schätzungen zufolge in Vorarlberg geben. „Wenn man die Frauen dazunimmt, die Prostitution auf eigene Rechnung betreiben, dann könnten diese Zahlen zutreffen“, heißt es beim Landeskriminalamt.1000 Prostituierte im Land
Im Projekt „Nana“ der Beratungsstelle Clean in Bregenz werden pro Jahr rund 60 Frauen betreut, die im Sexgewerbe tätig sind. Wie viele Frauen in Vorarlberg tatsächlich der Prostitution nachgehen, weiß jedoch niemand so genau. „Wir können nur die Zahlen, die in Ballungszentren erhoben wurden, auf den ländlichen Raum herunter- brechen. Dann kommt man auf eine Zahl von rund 1000“, sagt Stellenleiter Michael Lipburger. In die politischen Diskussionen zum Thema Legalisierung will sich Lipburger „nicht oder nur bedingt einmischen“: „Wir sind nicht gegen die Einrichtung von Bordellen. Es ist jedoch eine komplexe Frage, die stets sehr verkürzt dargestellt wird.“ Denn mit der Legalisierung sei das Problem längst nicht gelöst. Die Geheimprostitution werde es weiterhin geben. Im Kanton St. Gallen geht die Polizei von rund 30 illegalen Etablissements aus.Gesitteter als früher
Genehmigte Bordelle würden mehr Begleitkriminalität verursachen, lautet immer wieder das Argument der Vorarlberger Polizei gegen eine Legalisierung. Eben das stellen die Schweizer Kollegen aber nicht fest: „Es geht heute gesitteter zu als früher“, ist Krüsi überzeugt. Zudem, sagt Susanne Gresser, würde die Illegalität der Unterdrückung Tür und Tor öffnen: „Sexarbeiterinnen, die Opfer von Gewalt werden, trauen sich nicht, die Polizei aufzusuchen, da sie Gefahr laufen, selbst angeklagt zu werden.“(Quelle: VN/vol.at)